Das Optimum (letzte Folge des 1. Blogs)

 

 

Unser Häuschen ist inzwischen eingerichtet. Es ist trotz seiner Winzigkeit einfach perfekt und der Boden unglaublich rasch gekehrt.

 

Unterhalb des weiss lackierten Doppelhochbettes unserer Jungs, haben wir für uns ein superbequemes Bettsofa platziert. Diese Positionierung der Betten sorgt für ausreichend Privatsphäre: Das Wackeln des Lattenrostes über uns kündigt jeweils frühzeitig an, wenn einer der beiden Jungs sich anschickt runter zu klettern.

 

Da das weisse Bettsofa ausgeklappt bis fast zum Küchentisch reicht, können wir diesen gleichzeitig als grossflächigen Nachttisch nützen.

 

Ich habe kürzlich ein blechernes Schild gekauft, auf dem geschrieben steht: „Willst du dein Frühstück im Bett? Dann schlaf in der Küche!“ Machen wir!

 

 Nebst dem einzigen Wohnraum gibt es ja auch noch den gewölbten Weinkeller, der eigentlich gar kein Keller, sondern der erste Stock des Hauses ist.

 

Kleines Detail: Um ihn zu betreten, muss man zur Haustüre raus, drei Meter dem Wanderweg entlang gehen und dann beim Gartentor rechts abbiegen und eintreten. Von da sind es dann nur noch ein paar Schritte.

 

Im Keller befinden sich unter anderem mehrere metallene Koffer, in denen man Lebensmittel mäusesicher aufbewahren kann.

 

Den alten Kühlschrank haben wir diskret hinter der Türe positioniert. Zwar haben wir die Gasflasche aus Sicherheitsgründen demontiert, aber im Keller ist es so schön kühl, so dass man Gemüse und Käse problemlos ein paar Tage aufbewahren kann.

 

Den kleinen Anbau haben wir inzwischen in einen netten, wenn auch engen Geräteraum verwandelt.

 

Ja, was will man mehr? Und wenn wir wirklich alles haben was wir brauchen, warum denke ich dann doch immer wieder über Optimierungsmöglichkeiten nach?

 

Hängt es vielleicht auch damit zusammen, dass das Häuschen als renovationsbedürftig ausgeschrieben gewesen war?

 

Zum Beispiel kann man nicht genau wissen, wie lange die in den Hang gebaute Zisterne noch hält. Respektive, wie lange es noch dauert, bis sich ihr Inhalt über unseren Sitzplatz ergiesst.

 

Liegt es nicht nahe, bei notwenigen Renovationsarbeiten das Optimum rauszuholen?

 

Der neuste Plan? Wir würden gerne die Zisterne trocken legen und in ein rustikales Innenhof (chen) umfunktionieren lassen. Dort könnten wir vor Wind und Blicken geschützt, unsere Mahlzeiten einnehmen. Sollte sich die Zisterne als genügend gross erweisen, ergäbe sich vielleicht sogar die Möglichkeit, eine Outdoorküche einzurichten. Mir ist als könnte man die frisch geernteten und grillierten Maiskolben bereits riechen….

 

Aber wir würde die schönen Träume noch richtig auskosten können: denn erst einmal muss die Trockenmauer, die fast die Hälfte des Grundstückes umgibt und stützt, saniert werden. Oben drauf gehörte dann noch der zwei Meter hohe Staketenzaun aus Kastanienholz. Er soll das Rotwild davon abzuhalten, unseren zukünftigen Garten zu plündern. Also war Sparen angesagt. Etwas romantischer ausgedrückt: Wir hatten Zeit zum Träumen.

 

Immer wieder erinnerte ich mich an die Worte einer Freundin.

 

Sie war mit ihrer Familie zu uns auf den Berg zu Besuch gekommen. Ihr Mann, ein Praktiker, attestierte dem Häuschen, dass es für Jahrhunderte und nicht für Jahrzehnte gebaut worden sei und bestimmt noch lange nicht zusammenfalle.

 

Was uns ausserordentlich beruhigte.

 

Bei einem nächsten Zusammentreffen, wieder in der Stadt, meinte die Freundin: „Der Tag bei euch im Tessin war einfach wunderschön.“

 

„Aber es war so kalt und regnerisch.“

 

„Es war trotzdem total schön.“

 

 „Aber stell dir vor wie schön es wird, wenn wir alles noch renoviert und ausgebaut haben, sage ich enthusiastisch.

 

Sie hört meinen Ausführungen schweigend zu und in ihren Augen sah ich, dass sie sich ihre eigenen Gedanken machte.

 

„Ich finde es perfekt wie es jetzt ist“ sagte sie dann. „Es ist doch gut so.“

 

Immer wieder sind ihre Worte das versöhnliche Ende meiner Träume. „Es ist doch gut wie es ist.“

 

Ich denke zurück an das, was mich an diesem Häuschen von Anfang an verzaubert hatte:

 

Die herrliche Aussicht von der Terrasse, die man mit zu viel Windschutz nur verbauen würde.

 

Der frische Bergwind, der drückende Hitze gar nicht erst aufkommen lässt.

 

Robins Worte, als wir ein paar Regentage dicht an dicht im Innern des Häuschens verbracht hatten: „Es ist schön dass wir alle so beieinander sind“.

 

Die brachliegende Naturwiese neben unserem Haus, die im Frühling wunderschöne Blumen hervorbrachte und in der die Jungs während Stunden mit Schaufel und Hacke den Mäuselöchern nachgruben.

 

Die sechs Birken, welche die Grenze zum Grundstück bilden und zwischen denen wir eine buntgestreifte Hängematte montiert hatten.

 

Der noch unsanierte Keller, der inzwischen nebst dem handgefertigten hölzernen Rechen, unser erstes Wildheu und einen Teil unserer Vorräte beherbergte…

 

Und er kehrt immer wieder zurück, der allererste Zauber, den wir verspürt hatten, als wir das Haus entdeckten. Das Ursprüngliche, die Geschichte die wir erst kennenlernen wollten, bevor wir sie weiterschrieben. Und die Freude und Gelassenheit die es bringt, auf „Luxus“ zu verzichten.

 

Und so einigten wir uns einmal mehr: Wir würden für die nächste Zeit einfach Bergbauern, und auch in unserem Alltag in der Stadt, dankbar und zufrieden zu sein.

 

 

 

 

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Marlies Gafner (Freitag, 20 September 2019 09:39)

    Wuuunderschön eure Oase...! So ein Geschenk, ein Refugium zu haben, wo Alltagssorgen auf den paar Quadratmetern gar keinen Platz haben! �
    Der Herr segne euer kleines Lavendelhaus und eure ganze Familie!